Hallo allerseits,
wie bereits angedeutet wurde ich hier Euphorbia trigona inspiriert, doch mal etwas mehr über Konvergenzerscheinungen unter Sukkulenten zu schreiben. Schließlich ist es doch immer wieder faszinierend, dass viele sukkulente Euphorbien von Anfängern so leicht mit Kakteen verwechselt werden. Irgendwo muss es doch auch einen Grund dafür geben.
Ähnliche Umstände bedingen ein ähnliches Aussehen - aber warum? Eigentlich ganz einfach. Was sich in der Natur bzw. in der Evolution bewährt, das hat auch die größten Überlebenschancen. Wenn also ein Säugetier beschließt langfristig im Wasser zu leben, dann ist es einfach sinnvoll die Form eines Fisches anzunehmen. Die Evolution ist schon wirklich etwas Geniales!
Man nehme also eine Katze und zwinge sie im Wasser weiterzuleben. Dann braucht man nur ein paar Millönchen Jahre zu warten und schon hat man einen Katzenwal - oder so ähnlich. Gut, zwecks der Vermehrung wäre es sinnvoll ein paar Katzen mehr ins Wasser zu schubsen.
Also andersrum: Wer unter widrigen Bedingungen seinen Fortbestand sichern will, der passt sich im Laufe der Jahre bestmöglich an diese Bedingungen (Hitze, UV-Strahlung, Wassermangel, etc.) an. Da sich dabei gewisse Formen bewährt haben, kommen diese auch bei Pflanzen vor, welche ein absolut abweichendes Genmaterial haben und in keinster Weise näher mit einander verwandt sind (wie eben Kakteen und Euphorbien).
Aber auch unter Kakteen gibt es viele interessante Konvergenzerscheinungen. Schlumbergera opuntioides trägt beispielsweise seinen Namen nicht ohne Grund... Dr. Dieter Helm hat in "Dornenwesen", Biologie der Kakteen, Band 1, Seite 104 eine überaus interessante Gegenüberstellung von Nord- bzw. Mittelamerikanern mit Südamerikanern gemacht:
Ich hoffe mal, man kann zumindest halbwegs etwas erkennen. Irgendwie hat die Umwandlung von pdf in jpg nicht ganz so optimal funktioniert...
Relativ interessant sind auch die Konvergenzen, die man nicht unbedingt auf den ersten Blick sieht. Die gelben Blüten von Astrophytum und Frailea mit ihrem ziemlich ähnlichem Aufbau sowie ihre hutförmigen und relativ großen Samen. Konvergenzen, die eine eventuelle Verwandtschaft vermuten lassen, wenn da nicht ein paar 1.000 Kilometer dazwischen liegen würden. Aber auch Konvergenzen, welche nicht unbedingt auf ähnliche Bedingungen im Habitat schließen lassen.
Dennoch ist eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Frailea castanea...
...und Astrophytum asterias nicht von der Hand zu weisen:
Und dann wechseln wir mal eben den Kontinent und staunen, wie eben auch ein komplett anderes Genmaterial zum gleichen Ergebnis kommen kann und bestaunen eine Euphorbia obesa:
Flach, damit man sich bei extremer Trockenheit etwas vor der Sonne verstecken kann und sich im Boden eingraben kann. Rippen, damit man möglichst viel Wasser aufnehmen kann (Dehnbarkeit), etc. - und schon ist man wieder bei einer optischen Konvergenz par excellence.
Dann nochmal zurück zu den obigen Konvergenzbeispielen von Nord- und Südamerikanern von Herrn Dr. Helm.
Pterocactus (Argentinien und Süd-Chile):
Optisch hält sich hier die Konvergenz eher in Grenzen. Diese entdeckt man erst, wenn man mal eine Runde unter die Erde geht... Beide Kakteen kann man wohl ruhigen Gewissens als Geophyten bezeichnen. Schon spannend, wie oft Kakteen ihr Gegenstück auf dem anderen Subkontinent haben. Aber richtig spannend wird es erst, wenn man Folgendes liest:
"...Weitere Ähnlichkeiten beschreiben Felger & Hendrickson (1997) anhand von Peniocereus striatus aus der Sonoran Dessert der südlichen USA und des angrenzenden Mexikos einerseits, und Euphorbia cryptospinosa aus Äthiopien, Kenya und Somalia anderseits: Es handelt sich um Rutensträucher mit bleistiftdicken, unauffällig bedornten Trieben und unterirdischen Speicherwurzeln. Blühende Exemplare können leicht unterschieden werden, aber die Parallelentwicklungen im vegetativen Bau gehen bis zu anatomischen Details: Beide Arten sind gerippt mit aufgewölbten, flachrunden Rippen und im Querschnitt gesehen bauchig erweiterten Rippenfurchen. Bei beiden Arten bildet der Rippenrücken eine lichtdurchlässige Rindenschicht, und Spaltöffnungen finden sich ausschliesslich im geschützten Raum der Buchten zwischen den Rippen. Auch die Bedornung ist bei beiden Arten stark reduziert, und erst der Bau der Dornbüschel lässt eine problemlose Identifikation zu - sofern man die Pflanzen nicht etwas anritzen will, um sie auf Grund des Vorhandenseins oder Fehlens von Milchsaft zu identifizieren."
Aus der Sukkulentenwelt (Magazin der Sukkulenten-Sammlung Zürich, Heft 7, Juni 2002 - Urs Eggli?)
Hammer, oder? Wir reden hier über zwei grundverschiedene Pflanzen, welche über komplett unterschiedliches Genmaterial verfügen und welche nicht annähernd miteinander verwandt sind.
Dabei habe ich nicht einmal einen Peniocereus striatus gezeigt sondern einen Peniocereus viperinus.
Für die googlefaulen lohnt es sich schon den obigen Peniocereus viperinus mit dem Foto hier zu vergleichen: http://www.google.de/imgres?im…Q&ved=0CDQQ9QEwAQ&dur=400
Gibt´s was Genialeres als die Evolution?
Weitere Konvergenzen wären beispielsweise diverse Haworthien und diverse Ariocarpen usw. Da gibt es schon noch so Einiges! Aber ich hoffe mal schwer, dass auch andere hier noch ein paar nette Ideen zum Zeigen haben. Dann könnte man an diesem Thread immer wieder etwas weiterwerkeln. Ein paar Ideen habe ich auch noch auf Lager allerdings hoffe ich auch, dass ebenso von Anderen hier noch etwas Unterstützung kommt.