Frage über den Zusammenhang zwischen Gesamthärte und pH-Wert bei Leitungswasser

Noch gar nicht im Bett, Gast? Schön, dass Sie mal hereinschauen! Einen angenehmen Aufenthalt wünscht das "Sukkulentenforum"-Team.
  • Ich habe über die Verbandsgemeinde eine ausführliche Trinkwasseranalyse zukommen lassen um zu überprüfen, ob unser Leitungswasser immer noch als weich eingestuft wird und damit, sofern kein Regenwasser zur Verfügung steht, zum gießen von Sukkulenten ohne Bedenken verwendet werden kann.


    Auszug aus der Analyse

    • pH-Wert = 8,05
    • pH-Wert CaCO3-Sättigung = 8,23
    • Gesamthärte in ° dH = 5,17
    • Gesamthärte in mmol/l = 0,92
    • Härtebereich nach WRMG = 1 (weich)

    Auszug aus der Gesamtbeurteilung

    • Das Wasser ist in den Härtebereich 1 einzustufen, es handelt sich somit um ein weiches Wasser.

    Bisher dachte ich immer weiches Leitungswasser kann bedenkenlos zum gießen verwendet werden, wenn ich mir jetzt aber den hohen pH-Wert von 8,05 ansehe, bin ich da nicht mehr so sicher und habe dazu folgende Fragen.


    1. So wie ich das verstehe, müsste demnach trotz des weichen Wassers, der pH-Wert im Substrat durch das gießen langsam ansteigen, oder?
    2. Auch ist mir nicht so ganz klar, weshalb trotz der geringen Gesamthärte, der pH-Wert so hoch sein kann, müsste er in diesem Fall nicht höchstens bei ca. pH 7 liegen?


    Ich glaube diese Fragen können am besten unsere Chemiker beantworten. Falls dazu noch weitere Analysewerte notwendig sein sollten, kann ich sie nachreichen.

    Gruß Markus

  • Hallo Markus,


    in der von dir zitierten Analyse fehlte ein entscheidender Wert: die Carbonathärte. Es ist nicht möglich, von der Gesamthärte auf den pH-Wert des Wassers zu schließen.
    Die Gesamthärte ist die Summe der gelösten Erdalkali-Ionen (Mg, Ca, Sr, Ba). Es spielt dabei keine Rolle, ob das Wasser sauer oder basisch reagiert. Die angesprochenen Ionen sind für den pH-Wert nicht relevant. Allerdings wird die Gesamthärte unterteilt in die sog. permanete Härte (PH oder Nicht-Carbonathärte) und die temporäre Härte (CH, Carbonathärte). So, und jetzt wird kompliziert, weil nicht ganz logisch...: PH und CH werden indirekt über die Gegenionen bestimmt. Da die Erdalkalimetalle als zweifach positiv geladene Kationen vorliegen, muss zum Ladungsausgleich die gleiche "Menge" negativ geladener Anionen vorhanden sein. Die Carbonathärte wird ausschließlich vom Gehalt der Hydrogencarbonat-Ionen bestimmt (Carbonationen kommen bei den angesprochenen pH-Werten so gut wie nicht vor), die PH von allen übrigen Anionen (Chlorid, Sulfat, Nitrat etc.). Daher auch der Name "temporäre Härte" für die Carbonathärte: durch auskochen wird das Hydrogencarbonat zerstört, es bildet sich Wasser, CO2 und Carbonat, das mit den Calciumionen unlöslichen Kalk bildet und ausfällt (Kesselstein). Alle anderen Ionen bleiben dadurch unbeeindruckt, daher "permanente" Härte. Nun das unlogische: in mit Kohlensäure versetzten Wässern ist der Hydrogencarbonatgehalt sehr hoch, dadurch kann die Carbonathärte höher sein als die Gesamthärte.
    Was dich aber viel mehr interessieren wird ist der Zusammenhang mit dem pH-Wert: Hydrogencarbonat und noch viel mehr das Carbonat (das sich daraus bilden kann) reagiert als Salz einer schwachen Säure (der Kohlensäure) basisch. Beim Gießen mit Wasser mit hohem HCO3-Gehalt verschiebt sich der pH-Wert des Bodens im Lauf der Zeit also in den basischen Bereich. Hat aber, wie schon gesagt, nichts mit der Gesamthärte zu tun.
    Noch etwas: Leitungswasser hat in Deutschland immer einen leicht basischen pH-Wert. Das kommt daher, das insbesondere in Gegenden mit weichem Wasser die Wasserwerke zum Schutz vor Korrosion der Leitungen dazu verpflichtet sind, das Wasser "aufzukalken". Dazu wir das Quellwasser mit Kalkmilch behandelt oder einfach über Kalkstein geleitet.


    Ich denke dennoch, dass dieses Wasser bedenkenlos zum Gießen verwendet werden kann. Es wird zwar im Lauf der Zeit zu einer Erhöhung des Substrat-pHs kommen, ich schätze aber, dass du längst umgetopft hast, bevor das kritisch wird. Falls es dich beruhigt, kannst du das Wasser mit ein paar Tropfen Säure (ich verwende Phosphorsäure) ganz schnell ansäuern und bist damit sicher im grünen Bereich. Allerdings solltest du dann immer den pH-Wert überprüfen, zu sauer ist auch nicht gut.


    Falls noch Unklarheiten bestehen, nur raus damit.


    ciao
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    besten Dank für diese ausführliche Information, jetzt kann ich den Zusammenhang zwischen dem pH-Wert und der Gesamthärte, bzw. Carbonathärte nachvollziehen. :thumbup:


    Bei der Analyse wurde übrigens die Carbonathärte nicht ermittelt.

    Gruß Markus

  • Das eigentliche Problem bei hartem Wassser ist der Salzgehalt bzw. die Anreicherung von Salzen im Substrat und damit verbundene Wachstumsstörungen und weniger das Steigen des pH-Werts.


    Da du bereits beträchtliche Mengen Kieselgur im Substrat hast brauchst, du dir um den pH keine Gedanken zu machen.


    Die Bedeutung des pH-Werts wird i.A. überschätzt. (ceterum censeo...)

  • Das eigentliche Problem bei hartem Wasser ist der Salzgehalt bzw. die Anreicherung von Salzen im Substrat und damit verbundene Wachstumsstörungen und weniger das Steigen des pH-Werts.


    In diesem Fall geht es aber nicht um hartes, sondern um weiches Wasser. Wie sieht es denn da mit der Anreicherung von Salzen aus?

    Gruß Markus

  • Die Wasserhärte spiegelt ja einen großen Teil der im Wasser gelösten Salze wieder, eben hauptsächlich die Ca- und Mg-Salze. Deshalb kannst du in erster Näherung davon ausgehen, dass der Salzgehalt mit steigender Wasserhärte zunimmt. Ich sehe das Thema pH-Wert übrigens genauso wie Edmund. Bodenchemie ist so kompliziert, da ist der pH-Wert des Wassers nur einer von vielen Parametern. Und die Immobilisierung der Nährstoffe (wenn sie als unlösliche Bestandteile vorliegen und von der Pflanze nicht mehr verwertet werden können) fängt erst ab ca. pH 8,5-9 (im Substrat) an.


    Kurz: weiches Wasser kann völlig bedenkenlos zum Gießen verwendet werden. Und du kannst froh sein, 80% der deutschen Haushalte haben hartes Wasser.


    ciao
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    nach Möglichkeit gieße ich ohnehin mit Regenwasser und jetzt wo ich dank deiner Hilfe die Zusammenhänge verstanden habe, werde ich auch ohne Bedenken auf unser Leitungswasser zurückgreifen.

    Gruß Markus

  • Da wir ja gerade die Chemiker hier vereint haben, mal noch eine Frage.
    Das Leitungswasser in Berlin hat je nach Mischungsverhältnis durch die einzelnen Wasserwerke
    eine GH von 17-19, also mittelhart.
    Da ich keine Möglichkeit habe Regenwasser zu verwenden, "entkalkte" ich mein Leitungswasser bisher
    immer mit Oxalsäure (Acidum oxalicum puriss.cryst. - 2,25 Gramm/10 Liter Wasser). Leider steigen
    aber die Preise dafür. Im Internet bin ich auf eine kostengünstigere Lösung gestoßen - Oxalsäure-Dihydrat.
    Recherchen dazu im Internet führten mich aber meistens auf Imker-Seiten, auf denen empfohlen wurde,
    bei der Verwendung von Dihydrat die 1,4fache Menge zu nehmen. Nun wird bei den Imkern die Lösung
    ja verdampft und gegen Parasiten im Bienenstock eingesetzt.
    Kann ich denn diese Menge einfach übernehmen, also 3,15 Gramm auf 10 Liter Wasser?
    Wenn ich das richtig verstanden habe, ist bei dem Dihydrat lediglich ein Wassermolekül mehr gebunden,
    die Wirkung der Oxalsäure also "schwächer".



    Gruß Frank

    Gruß Frank

  • GH von 17-19, also mittelhart.

    Das zählt schon zu "hart" (Neuerdings wurde sogar der Bereich "sehr hart" abgeschafft).


    Nur mal so: deine bisher verwendete Oxalsäure war auch das Dihydrat.... 8) Wasserfreie Oxalsäure wird eigentlich nur für recht spezielle Anwendungen gebraucht, ist teurer und bleibt auch nicht lange wasserfrei. In der Apotheke bekommst du wohl nur das Dihydrat. Die lateinische Bezeichnung gibt nur Apothekers Reinheitsangaben wieder (die verstehen traditionell nix von Chemie).
    Aber falls du es überprüfen möchtest, kannst du es gerne neu berechnen:
    5,6°dH entsprechen 1 mmol/l Erdalkaliionen
    pro mmol Erdalkali-Ionen brauchst du auch 1 mmol Oxalsäure, also 90 mg bzw. 126 mg beim Dihydrat
    Die von dir verwendeten 225 mg/l entsprechen also (als Dihydrat) 1,79 mmol/ und das entspricht genau 10°dH, die du damit entfernst.
    Wenn du jetzt 315 mg/l verwenden möchtest, entspricht dies 2,5 mmol/l oder 14°dH


    Mehr würde ich nicht nehmen, du solltest immer auf der sicheren Seite bleiben und die Oxalsäure im Unterschuss verwenden.


    ciao
    Stefan

  • Danke Stefan, dann werde ich mich so bei 300 mg/l einpegeln. Den anderen Blümchen gefällt es nämlich
    auch und meiner Frau ihre Orchideen gedeihen mit dem weicheren Wasser auch prächtiger.
    Mich irritierte eigentlich nur die Bezeichnung Dihydrat auf der großen Packung, auf der kleinen
    Apotheker-Packung fehlte sie und die Unterscheidung zwischen Oxalsäure und Oxalsäure-Dihydrat
    auch im Imkerforum.


    Gruß Frank

    Gruß Frank